Wolfie Christl; Sarah Spiekermann: Networks of Control. A Report on Corporate
Surveillance,
Digital Tracking, Big Data & Privacy. Publisher: Facultas, Vienna. 2016. Pages: 165.
ISBN
978-3-7089-1473-2
Überwachungsforscher Wolfie Christl warnt in
seiner Studie
eindringlich vor den Risiken digitaler Überwachung am Arbeitsplatz. Etliche
Softwarelösungen von großen, bekannten Softwarfirmen ermöglichen eine
umfassende Kontrolle des Arbeitsverhaltens: Sie analysieren nicht nur die Kommunikation
in E-Mails, Chats oder Meetings, sondern erfassen auch Verhaltensdaten wie Log-ins,
Dateizugriffe oder Bewegungsprofile im Büro.
Während Unternehmen solche Tools oft mit dem Argumenten der Cybersicherheit, Prozessoptimierung oder
Arbeitszeiterfassung einsetzen, sieht Christl darin eine gefährliche Vermischung von legitimen
Interessen und
flächendeckender Überwachung. Besonders problematisch sei der Einsatz von KI-basiertem
Profiling, das angeblich "auffälliges" Verhalten erkennt - etwa bei
vermeintlich unzufriedenen oder risikobehafteten Mitarbeitern. Diese Art der
Dauerüberwachung gefährdet laut Christl die Privatsphäre am Arbeitsplatz massiv.
Zwar ließen sich manche Maßnahmen
rechtfertigen, etwa bei besonders sensiblen Tätigkeiten, doch in der Praxis würden die
Systeme oft ohne genaue Prüfung der Verhältnismäßigkeit eingesetzt. Christl kritisiert,
dass Softwareanbieter wie Microsoft standardmäßig invasive Funktionen empfehlen, ohne auf die
rechtlichen Konsequenzen in Europa Rücksicht zu nehmen. Hier seien viele
dieser Praktiken datenschutzrechtlich höchst bedenklich, insbesondere wenn keine klare
Betriebsvereinbarung vorliegt.
Eine zentrale Rolle spielt der Betriebsrat, der bei der Einführung solcher Systeme mitbestimmen
muss. Christl fordert, diese Mitbestimmung zu stärken und Überwachung nicht zu einer stillschweigend
akzeptierten Norm werden zu lassen. Er sieht in der unkritischen Anwendung solcher Technologien eine
ernsthafte Gefahr für Arbeitnehmerrechte und warnt vor einem "digitalen
Arbeitsplatz-Totalitarismus", wenn Unternehmen uneingeschränkt über Überwachung entscheiden
dürfen.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, müsse man rechtliche Rahmenbedingungen schärfen, Unternehmen
stärker sensibilisieren und die Öffentlichkeit für die Problematik interessieren. Nur so könne
das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und persönlicher Freiheit in der digitalisierten Arbeitswelt
bewahrt werden.